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Die Milliarden-Liste: Lesen Sie, in welche Winkel der Welt deutsches Steuergeld fließt

Deutschland stellt auch im Ausland regelmäßig Steuergelder zur Verfügung, wobei in jüngster Zeit fast 34 Milliarden Euro für Entwicklungszwecke ausgegeben wurden.

 

Diese Gelder sollen hauptsächlich dazu beitragen, den Klimaschutz in Afrika, Südamerika und Asien zu verbessern. Jedoch gibt es auch Kritik an dieser Vorgehensweise.

Deutschland gehört zur absoluten Weltspitze – bei der Hilfe für andere Länder. Mit rund 33,9 Milliarden Euro „Entwicklungsleistungen“ unterstützte die Bundesregierung im Jahr 2022 (neuere Zahlen liegen noch nicht vor) etliche Staaten in Afrika, Südamerika und Asien.

Damit behauptete sich die Bundesrepublik hinter den USA als „der zweitgrößte bilaterale Geber weltweit – vor Japan, Frankreich und Großbritannien“, freut sich Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD). Stolz verkündet sie: „Deutschland übernimmt Verantwortung. Das ist ein wichtiges Signal an die Weltgemeinschaft.“Zu den „Entwicklungsleistungen“ gehören auch die humanitäre Hilfe des Auswärtigen Amtes etwa bei Naturkatastrophen und Hungersnöten oder die Bereitstellung von Studienplätzen für junge Menschen aus Entwicklungsländern.

Deutsche Steuer-Milliarden finanzieren Projekte auf der ganzen Welt

Doch selbst wenn man diese Posten ausklammert, bleibt eine stattliche Summe „reine Entwicklungshilfe“ übrig, die Svenja Schulze kreuz und quer auf dem Erdball verteilen darf. 2023 waren es rund 12,2 Milliarden Euro.Nicht überall werden die Geldflüsse in ferne Regionen so positiv bewertet wie durch die verantwortlichen Politiker der Ampelkoalition in Berlin. Gerade in jüngster Zeit mehren sich die kritischen Stimmen hinsichtlich der deutschen Entwicklungshilfe.

Da würden „Milliarden an deutschen Steuergeldern verpulvert“,

echauffierten sich Heerscharen von Usern in den sozialen Netzwerken. Von „kaum nachvollziehbaren“ und „bizarren“ Transfers ist da die Rede. Deutsche Entwicklungshilfe verpuffe weitgehend nutzlos, oft sei sie sogar „kontraproduktiv“. Die Debatte hat längst den Berliner Politikbetrieb erreicht. Aus der Opposition heraus kommt bereits die Forderung nach einem Umdenken. Alexander Dobrindt, Chef der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, sagte zu FOCUS online: „Fragwürdige Projekte der deutschen Entwicklungszusammenarbeit gehören schleunigst auf den Prüfstand.“ Deutsche Steuergelder müssten „auch global zielgenau eingesetzt werden“, so Dobrindt. „Nur so können wir sie als einen wirksamen Hebel nutzen, um internationale Verbündete zu gewinnen, Migrationsströme zu steuern und zu stoppen sowie Rückführungsabkommen zu schließen.“ Insgesamt müsse gelten: „Geld von deutschen Steuerzahlern kann nur bekommen, wer mit uns und nicht gegen uns arbeitet.“

FDP-Vize Kubicki: „Nicht mehr rational zu erklären“

Selbst ein ranghohes Mitglied einer Regierungspartei, FDP-Vizechef Wolfgang Kubicki, mahnt zum Umsteuern. Einige Ausgaben bei der Entwicklungshilfe seien „nicht mehr rational zu erklären“, so der 71-jährige Niedersachse.

Die beiden Politiker sprechen aus, was die Mehrheit der Bundesbürger denkt. Nach einer exklusiven Civey-Umfrage für FOCUS online sind 71 Prozent der Deutschen der Meinung, die Bundesregierung sollte die „mit Steuern finanzierte Entwicklungshilfen für andere Länder reduzieren“. 18 Prozent würden sie gern auf dem aktuellen Stand belassen, nur 10 Prozent (die meisten sind Anhänger der Grünen) würden sie gern ausbauen.

Mehr als zwei Drittel der Deutschen wollen, dass die Entwicklungshilfe reduziert wird

Schaut man sich genauer an, was Deutschland in aller Welt mitfinanziert, kommt man bisweilen ins Staunen.

Millionen für „grüne Kühlschränke“ in Kolumbien

Das von Robert Habeck (Grüne) geführte Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz etwa fördert „grüne Kühlschränke“ in Kolumbien mit 4,6 Millionen Euro. Weitere Projekte seines Hauses, in die teils zweistellige Millionenbeträge fließen:

Erneuerbare Energien in Chile (1,7 Millionen Euro)
Emissionsarme Reiserzeugung in Thailand (8,1 Millionen Euro)
energetische Sanierung von Wohngebäuden in der Mongolei (6,2 Millionen Euro)
Klimapolitik in Brasilien (11,3 Millionen Euro)
Saubere Energie in Indonesien, Philippinen, Thailand, Vietnam (29,6 Millionen Euro)
Städtische Klimaschutzmaßnahmen u.a. in China und Indien (22,6 Millionen Euro)
Unterstützung bei der nationalen Klimawandelstrategie in Peru (6,4 Millionen Euro)
Klimapolitik und Biodiversität in Thailand (10 Millionen Euro)

Deutschland zahlt Sanitärversorgung in Timbuktu

Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) unter Leitung von Svenja Schulze engagiert sich finanziell unter anderem bei diesen Projekten:

Wasser- und Sanitärversorgung im afrikanischen Benin (15 Millionen Euro)
Aufbau moderner Steuerverwaltung in Kamerun (5 Millionen Euro)
Förderung Erneuerbarer Energien im Senegal (27 Millionen Euro)
Kommunaler Umweltschutz in Kolumbien (80,5 Millionen Euro)
Klimafreundliche ÖPNV-Systeme in Lateinamerika (106,5 Millionen Euro)
Biodiversität in Paraguay (6 Millionen Euro)
Aufbau eines Fahrradwegnetzes in Lima/Peru (20 Millionen Euro)
Urbane Klimaanpassung in El Salvador (12,6 Millionen Euro)
Verbesserung der Wasser- und Sanitärversorgung in Timbuktu / Mali (24,5 Millionen Euro)
Energieeffizienz in öffentlichen Gebäuden in Montenegro (82,9 Millionen Euro)
Digitale Reform des Gesundheitswesens in Usbekistan (53,7 Millionen Euro)
Biodiversität in Bergen und Gebirgen Mexikos (25 Millionen Euro)

Ministerin Svenja Schulze (SPD) spricht von lohnenden Investitionen

Sämtliche Beispiele – insgesamt sind es mehr als 450 – finden sich in einer 23-seitigen Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion vom 6. Dezember 2023.

Zwar betont Schulzes Ministerium auf seiner Internetseite, dass die Statistik keine „systematische Auflistung aller aktuellen deutschen Entwicklungsprojekte“ sei, sondern eine Darstellung „von älteren und neueren Projekten“, die meist „über viele Jahre laufen“.

Zu den jeweiligen Förderbeträgen erklärt das Ministerium, es handelte sich teilweise um „Kredite, die von den Partnerländern anschließend wieder zurückgezahlt“ würden. Und überhaupt: Jeder deutsche Steuer-Euro, den die Regierung heute in Entwicklungshilfe stecke, spare später „vier Euro an humanitärer Nothilfe“.

Doch diese Rechnung vermag die Kritiker des deutschen Kurses bei der Entwicklungshilfe kaum zu besänftigen. Der Gipfel der Absurditäten stellt für viele die Unterstützung von Indien dar. In der regierungsamtlichen Liste tauchen Förderprojekte auf wie:

Nachhaltige Stadtentwicklung – Smart Cities Indien (164,6 Millionen Euro)
Energieeffizienzprogramm Indien (122,7 Millionen Euro)
Klimaresiliente städtische Infrastruktur Indien (144,1 Millionen Euro)
Mehrere Projekte zur klimafreundlichen urbanen Mobilität in Indien (jeweils bis zu 210,9 Millionen Euro).

Hilfe für Indien „mutet an wie ein Schildbürgerstreich“

Diese Ausgaben stellen nur einen kleinen Ausschnitt der deutschen Entwicklungshilfe für Indien dar.

Bereits 2022 sagte das BMZ Indien Mittel in Höhe von 987,52 Millionen Euro zu. Und vor wenigen Wochen kündigte die Bundesregierung an, Indien in den nächsten Jahren mit weiteren 10 Milliarden Euro unter die Arme zu greifen, um den Klimaschutz dort voranzutreiben.

Deutschland unterstützt also einen Staat, der eine Atommacht ist (Indien besitzt 130 bis 140 Atomsprengköpfe) und als viertes Land nach der Sowjetunion, den USA und China eine Sonde erfolgreich zum Mond schickte. Nicht zuletzt durch seine boomende IT-Industrie entwickelte sich Indien zur fünftgrößten Volkswirtschaft der Welt. Als einer der BRICS-Staaten – zusammen mit Brasilien, Russland, China und Südafrika – gewinnt Indien immer größeren globalen Einfluss. Ist es vor diesem Hintergrund nicht absurd, das südasiatische Land finanziell zu unterstützten? Trifft die Analyse des CDU-Haushaltsexperten Carsten Körber zu, der sagt, die deutsche Hilfe „mutet an wie ein Schildbürgerstreich“?

Entwicklungsministerin Schulze will davon nichts wissen. Sie hält eine enge Kooperation mit Indien für „zwingend“. Nur gemeinsam könne man „globale Herausforderungen wie den Klimawandel“ bekämpfen.

Außerdem stellt sie klar: „Für den größten Teil der deutsch-indischen Zusammenarbeit ist gar kein Steuergeld nötig.“ Denn 90 Prozent der Unterstützungsleistungen liefen über günstige Kredite. „Indien zahlt diese Mittel verzinst wieder zurück.“

Künftig auch noch Geld für Gender-Trainings in China

Ob die kontroverse Diskussion damit ein Ende findet, darf bezweifelt werden. Angesichts der aktuellen Haushaltsmisere, in der Deutschland steckt, werden die Ausgaben für andere Länder mit Sicherheit weiterhin kritisch beäugt.

Wie soll man alleinerziehenden Müttern, verarmten Rentnern oder in prekären Verhältnissen lebenden Familien erklären, dass Deutschland munter Geld ausgibt für Gender-Trainings in China oder ein Projekt zu positiver Maskulinität in Ruanda? Oder, um beim derzeit wohl umstrittensten Thema zu bleiben, für den Aufbau eines Fahrradschnellwegenetzes in Perus Hauptstadt Lima?

Möglicherweise erledigen sich viele der fragwürdigen Finanzhilfen bald von selbst. Zum einen wird der Druck immer stärker, die deutsche Entwicklungshilfe zugunsten von innenpolitischen Projekten zu kürzen.

Zum anderen plant die durch das Haushalts-Urteil des Bundesverfassungsgerichts schwer gebeutelte Ampelregierung, die Mittel für Schulzes Ministerium deutlich zu kürzen. Notgedrungen.

Quelle: Focus Online

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